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Dem Markt den Spiegel vorgehalten


Berliner Zeitung
Der Vorstandsvorsitzende des Immobilienverbandes Berlin-Brandenburg, Dirk Wohltorf, über Mietpreise und die Situation am Berliner Markt

Herr Wohltorf, kommende Woche stellt der IVD seinen Marktmietspiegel vor. Trauen Sie dem Mietspiegel des Senats nicht?

Darum geht es nicht. Allerdings ist der Mietspiegel des Senats ein politisches Instrument, das nicht die realen Marktbedingungen widerspiegelt. Wir möchten den Berlinerinnen und Berlinern dagegen zeigen, welche Preise aktuell gezahlt werden.


Können Sie das etwas genauer erläutern?

Der Mietspiegel des Senats bezieht sich auf einen Zeitraum von vier Jahren -also auf Bestandsmieten und Erhöhungen, die bei bestehenden Verträgen durchgeführt wurden und nur mit einem geringen Anteil auf Neuabschlussmieten. Er sagt deshalb wenig über die aktuelle Preissituation am Markt aus. Denn bei neu geschlossenen Verträgen ist der Vermieter nicht an den Mietspiegel gebunden, sondern kann verlangen, was die Mieter zu zahlen bereit sind. Der Marktmietspiegel des IVD zeigt, wie viel das derzeit ist.


Sind ihre Ergebnisse denn so verschieden von denen des Senats, dass sich der Aufwand lohnt?

Die Unterschiede ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Zahlenwerk. Im Kern liegen die Mietpreise des Senats deutlich unter dem, was heute Realität ist.


Wie sieht die Ihrer Ansicht nach aus?

In Extremfällen, etwa bei luxussanierten Wohnungen in Ku'damm-Nähe, sehen wir Abweichungen von mehr als 50 Prozent und darüber hinaus. Nach dem Mietspiegel des Senats kostet der Quadratmeter in einem sanierten Altbau in guter Lage zum Beispiel durchschnittlich 5,18 Euro, maximal 6,57 Euro. Schauen wir uns dagegen die aktuellen Abschlüsse in diesem Segment in begehrten Lagen wie dem Olivaer Platz oder der Mommsenstraße in Charlottenburg an, dann sind wir bei 10 Euro und mehr.


Gibt es entsprechende Abweichungen auch nach unten?

Richtige Ausreißer gibt es nicht, da bildet der Mietspiegel die Situation schon realistisch ab. Dazu muss man jedoch sagen: Ab drei, vier Euro kann man in Berlin vernünftig wohnen, ohne dass es zieht oder durch die Decke tropft. Das gibt es in ganz Westeuropa in keiner anderen Metropole. Die Mieten sind also weiterhin sehr günstig in Berlin.


Gibt es unter den Bezirken Aufsteiger und Absteiger seit der letzten Erhebung?

Wir sehen einen deutlichen Trend in Richtung Westen. Nicht, dass die einstigen Spitzenlagen wie Mitte und Prenzlauer Berg einbrechen, aber es kommt eben nicht viel Neues hinzu. Die Leute, die hier mit 25 den Boom ausgelöst haben, sind heute 30 und wollen nicht mehr jeden Abend in die Kneipe. Sie zieht es nun in die eher ruhigen Kieze von Wilmersdorf und Charlottenburg, die eine gute Infrastruktur bieten.


Und die Verlierer?

Von echten Verlieren kann man zwar nicht sprechen, aber in einfachen Lagen in Spandau, im Märkischen Viertel und in Wedding sind die Mieten schon etwas zurückgegangen.


Bereits vor der Krise haben Eigentümer darüber geklagt, dass Wohnraum in Berlin oft nicht rentabel zu vermieten sei. Wie haben sich hier die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen auf die Großwetterlage ausgewirkt?

Da gibt es zwei Aspekte: Zum einen ist der Ansturm der ausländischen Investoren, der seinen Höhepunkt 2006/ 2007 hatte, nun endgültig vorbei. Zum anderen setzt die Krise jedoch ein positives Signal für den Mietmarkt: Auch die Wohlhabenden wollen sich derzeit nicht unbedingt langfristig mit dem Kauf einer Immobilie binden. Sie wollen flexibel sein. Schon allein, weil sie nicht wissen, wie ihre berufliche Situation in zwei, drei Jahren aussieht. Deshalb zahlen sie für einen größeren Wohnkomfort lieber eine höhere Miete, als selbst zu bauen. Was dazu führt, dass die Mietpreise insbesondere im oberen Preissegment weiter anziehen.


Auf Grund der günstigen Kreditkonditionen glauben viele Experten, dass der Zeitpunkt richtig ist, um in Immobilien zu investieren. Wo sehen Sie derzeit das stärkste Marktpotenzial?

Townhouses, die in den vergangenen zwei Jahren den Markt beschäftigt haben, werden kaum noch nachgefragt. Dagegen entwickelt sich zum Beispiel das ruhige, verkehrlich äußerst günstig gelegene Frohnau ausgezeichnet. Allerdings ist hier das Angebot gering und die Nachfrage groß. Günstigen Baugrund in guter Lage gibt es in Pankow. Im hochpreisigen Segment sind immer noch Wannsee, Grunewald, Dahlem oder Zehlendorf top. Und Eigentumswohnungen gehen aktuell in Charlottenburg, Wilmersdorf, Schöneberg und Friedenau sehr gut.


Worauf muss man noch achten, wenn man investieren will?

Generell wirkt sich die Nähe zu Lärmquellen wie Hauptstraßen, S'Bahn-Gleisen oder Einflugschneisen negativ auf den Wert einer Immobilie aus. Darüber hinaus sind jedoch die Mikrolagen von entscheidender Bedeutung. Zwei vergleichbare Objekte können bereits in benachbarten Straßen einen ganz unterschiedlichen Wert darstellen. Hier gilt es, einen ortskundigen Berater hinzuzuziehen, der die Vor- und Nachteile einer Lage genau kennt. Jedoch kann auch der Marktmietspiegel des IVD als erste Orientierung dienen.


Und wo findet man den?

Ab dem 16. Juni steht er im Internet unter www.ivd-berlin-brandenburg.de für jedermann kostenlos zur Verfügung.


13.Juni 2009


Quelle:

13. Juni 2009 Berliner Zeitung