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Das Geschäft mit dem Wohnraum

Immer mehr Wohnungen werden in Eigentum umgewandelt / Mieterverein warnt vor Folgen

Der Berliner Mieterverein ist besorgt. In der Hauptstadt werden immer mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. 2008 waren es 4 633, im Jahr 2009 bereits 6 916 - das entspricht einer Steigerung um rund 50 Prozent. Der Mieterverein sieht diese Entwicklung kritisch. "Nach Umwandlungen drohen den Mietern immer Eigenbedarfskündigungen", sagt Michael Roggenbrodt, stellvertretender Geschäftsführer. Denn mit der Umwandlung werde die Voraussetzung geschaffen, die ehemalige Mietwohnung als Eigentumswohnung zu verkaufen. Der neue Eigentümer kann dann versuchen, den alten Mieter per Eigenbedarfskündigung aus der Wohnung zu drängen. Einfach ist das jedoch nicht. Mieter haben ein Vorkaufsrecht zu gleichen Konditionen und sind gesetzlich durch eine dreijährige Sperrfrist vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs geschützt. Die Frist beginnt mit dem ersten Verkauf der umgewandelten Wohnung. In Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Pankow gilt sogar ein siebenjähriger Schutz vor Kündigungen, weil der Senat die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen "besonders gefährdet" sieht. Diese Regelung gilt jedoch nur bis Ende August 2011. Über eine Verlängerung will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bis Ende des Jahres entscheiden.

Besonders viele Umwandlungen hat es 2009 in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg, Pankow, Steglitz-Zehlendorf und Mitte gegeben, in Marzahn-Hellersdorf und Spandau dagegen kaum. Auffällig: Die Zahl der Umwandlungen ist von 2004 bis 2007 zunächst gesunken, seitdem aber gestiegen. Dirk Wohltorf, Chef des Immobilienverbandes Deutschland in Berlin-Brandenburg, hat dafür eine einfache Erklärung: Während in der Zeit des Immobilien-Booms 2005 bis 2007 komplette Mietshäuser zu hohen Preisen verkauft werden konnten, ist es jetzt nach dem Rückgang des Kaufinteresses lukrativer, einzelne Wohnungen zu vermarkten.

Die Preise für umgewandelte ehemalige Mietwohnungen zogen in guten und sehr guten Lagen an, geht aus dem Grundstücksmarktbericht 2009/10 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte hervor - häufig um "bis zu etwa zehn Prozent". Die Preise unterscheiden sich dabei - je nachdem, ob eine Wohnung vermietet ist oder nicht. Bei attraktiven Wohnungen in guter und sehr guter Lage will der Käufer meist selbst einziehen. Eine vermietete Eigentumswohnung ist deswegen dort nur mit Preisabschlag zu verkaufen. Umgewandelte Wohnungen in Altbauten bis zum Baujahr 1920, kosteten in sehr guter Lage im vergangenen Jahr unbewohnt durchschnittlich 1 960 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Die gleiche Wohnung bewohnt brachte nur 1 600 Euro ein.

Anders das Bild in den einfachen und mittleren Wohnlagen. Hier werden ehemalige Sozialwohnungen oder Plattenbauten von den Käufern oft als Kapitalanlage erworben, einziehen wollen sie nicht. Eine vermietete Wohnung bringt in solchen Fällen einen höheren Preis, weil der Käufer ein Interesse an regelmäßigen Einnahmen hat. So kostete eine ehemalige Mietwohnung in einem Plattenbau, die 1960 bis 1990 errichtet wurde, 2009 unvermietet im Schnitt 830 Euro je Quadratmeter. Für vermietete Wohnungen des gleichen Typs wurden fast 50 Prozent mehr gezahlt. Mieter solcher Wohnungen sind nach Umwandlung kaum von Eigenbedarfskündigungen bedroht.

Angesichts der wachsenden Zahl von Umwandlungen will der wohnungspolitische Sprecher der Linken, Uwe Doering, die Mieter besser schützen. Sein Ziel sei es, den verlängerten Schutz vor Eigenbedarfskündigungen in Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Pankow über den 31. August 2011 fortzusetzen. Darüber nachzudenken sei, ob der verlängerte Kündigungsschutz nicht auf alle Innenstadtbezirke ausgedehnt werde.

02. August 2010


Quelle:

Berliner Zeitung, 02.08.2010