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Berlin macht auf München

In einigen Berliner Gegenden stiegen die Mieten zuletzt um drei Prozent. Makler freuen sich über stark steigende Immobilienpreisen in den begehrten Lagen der Hauptstadt.

Auf dem Berliner Immobilienmarkt herrschen zum Teil Münchner Verhältnisse – und das ist nach Auffassung des Immobilienverbands Deutschland (IVD), der Makler und andere Dienstleister vertritt, eine gute Nachricht. Besonders stark steigen die Preise von kleinen, sanierten Wohnungen in Altbauten und die Mieten in bevorzugten Wohnlagen. Dies sagte der Vorstandsvorsitzende des IVD Berlin-Brandenburg, Dirk Wohltorf, bei der Vorstellung des aktuellen Marktberichtes am Dienstag.

Laut IVD stiegen die Mieten in guten Berliner Wohnlagen zuletzt um drei Prozent im Vergleich zu 2009 auf durchschnittlich 7,20 Euro je Quadratmeter und Monat.

In Standardwohnlagen lag das Plus bei einem Prozent auf 5,85 Euro. Die Nachfrage nach Immobilien und die dadurch steigenden Preise haben sogar den IVD-Sachverständigen Andreas Habath verblüfft: Dass etwa eine Doppelhaushälfte in Dahlem für 600 000 Euro verkauft werde, finde er überraschend. Dahlem ist mit Westend, Grunewald und Schmargendorf die „Vorzugswohnlage“ im Westberliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Wer dort kaufen will, muss im Schnitt 510 000 Euro für ein Einfamilienhaus bezahlen. Das sind laut IVD die höchsten Durchschnittspreise der Stadt. Das alte „Westberlin“ ist zurück – und läuft dem Prenzlauer Berg als begehrtester Wohnlage des „Neuen Berlin“ den Rang ab. Lange Zeit galt: Wer nach Berlin zog, suchte eine Wohnung in Prenzlauer Berg. Das ist den IVD-Maklern zufolge nicht mehr so. Die Nachfrage lässt nach und der schicke Szenebezirk ist „zu einer biederen gut-bürgerlichen Wohnlage geworden“, sagt Gutachter Habath. Stattdessen sind nun Teile von Kreuzberg und Friedrichshain gefragt. Und das schlägt sich auf Mieten und Kaufpreise nieder: Mit einem Plus von elf Prozent im Vorjahresvergleich zogen die Mieten dort so stark an wie nirgendwo sonst in Berlin.

Gefragt ist auch Luxus im Westen: Der IVD-Chef berichtete von der Sanierung eines Altbaus an der Wilmersdorfer Straße, Ecke Mommsenstraße, wo Wohnungen mit Sauna für mehr als 16 Euro pro Quadratmeter vermietet wurden. Und das sind noch fast zehn Euro weniger als die teuerste Miete in der Stadt überhaupt: Diese wird laut IVD am Pariser Platz bezahlt – 25 Euro pro Quadratmeter und Monat plus Nebenkosten.

Bezahlt werden die hohen Mieten vor allem von Neuberlinern, die in der Stadt eine Beschäftigung finden. Viele seien aus anderen Ballungsgebieten hohe Mieten gewohnt, so der IVD. Ein Beispiel: Eine Italienerin schrecke auch nicht vor 8,50 Euro Miete pro Quadratmeter in der Leinestraße von Neukölln zurück. Dies zeige, dass die Kreuzberger Mischung aus Off-Kultur und Multikulti zu einer Art Immobilien-Mehrwert auch in Teilen von Neukölln geführt habe.

Der neue IVD-Bericht bestätigt damit auch: Wer in Berlin lebt, will in der Stadt wohnen. So gesehen sind einst beliebte Lagen wie Lankwitz im Süden Berlins „fast so weit weg wie Schwedt an der polnischen Grenze“, so Andreas Habath. Dies gelte jedenfalls für Wohnungen und Häuser aus den 60er und 70er Jahren. Diese sind nach Auffassung des Experten eine Art Reserve günstigen Wohnraums, nicht nur in Südberliner Lagen.

Herrscht angesichts der deutlich anziehenden Immobilienpreise in der Stadt also Wohnungsnot? „Nein“, sagt Wohltorf, denn am Rande der Stadt, in Spandau, Reinickendorf oder Marzahn-Hellersdorf, gäben die Mieten sogar nach.

27. Oktober 2010


Quelle:
Tagesspiegel, 27.10.2010