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Altbauten haben ihre Tücken

Beim Kauf gebrauchter Wohnhäuser sollte nichts überstürzt werden. Neben Lage und Ausstattung zählt auch das Umfeld

Vor den Verhandlungen sollten Bausachverständige und Architekten nach Baumängeln suchen

Schule, Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten, Bus und Bahn? Ein Spaziergang verschafft oft einen ersten Überblick

Alte Häuser können Geschichten erzählen. Sie haben Charakter, stehen oft in gefragten Lagen, verfügen über eingewachsene Gärten und können günstiger sein als ein Neubau. Aber: Altbauten haben ihre Tücken und müssen auch saniert werden. Vor dem Kauf ist daher einiges zu bedenken. Solch ein Immobilienkauf will gut durchgerechnet sein, dazu muss die Immobilie auf jeden Fall auf Baumängel und Altersschäden überprüft werden.

Am Beginn der Immobiliensuche steht - wie beim Neubau - die Frage nach dem "Was will ich?", "Was brauche ich?" und "Wird meine Familie größer oder kleiner, und was dann?" Danach komme die Analyse der Finanzen, sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherrn (VPB) in Berlin. Klarheit über das vorhandene Budget mache es einfacher, gezielt Ausschau zu halten. Auch lassen sich so Enttäuschungen - etwa darüber, dass das Budget am Ende nur für eine Doppelhaushälfte, nicht aber für die Traumvilla reicht - gleich vermeiden.

Für die Suche nach solch einem neuen Zuhause sollten mindestens sechs Monate eingeplant werden. Erste Hinweise auf Objekte gibt es im Internet und in Zeitungsinseraten. Auch Nachfragen in der Nachbarschaft des Lieblingsstadtteils sind hilfreich und kostenlos.

Bei Maklern hingegen wird im Erfolgsfalle eine Provision fällig. Wer dennoch einen Immobilienvermittler einschalten wolle, sollte sich in dessen Kundenkartei aufnehmen lassen, rät Dirk Wohltorf, Vorsitzender des Maklerverbandes IVD in Berlin-Brandenburg. Vorgemerkte Kunden würden oft mit anderen Angeboten bedient als jene, die nur per Internet Exposes anforderten.

Erfüllt ein Haus die Grundvoraussetzungen wie Zimmerzahl und Fläche, sollte noch ein Kriterium zählen: die Lage. Sie entscheidet maßgeblich über den Wert der Immobilie und damit über deren Preis. "Selbst Schrott verkauft sich in guter Lage besser als Luxus in schlechter Lage", weiß Hywon Seo, Fachreferentin für Bauen und Wohnen beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (Berlin). Wie weit ist es bis zur Schule, zum Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten, Bus und Bahn? Ein Spaziergang durch das ausgewählte Umfeld verschafft oft einen ersten Überblick. Oder besser zwei: Denn was sonntags vorstädtisch ruhig wirkt, kann sich am Montagmorgen wegen der stets verstopfte Hauptstraße als viel befahrene Ausweichstrecke erweisen.

Experten raten auch zu einem Plausch mit Nachbarn. Er vermittelt über hilfreiche Informationen hinaus ein Gefühl für das spätere Miteinander der dortigen Gegend. Ein Blick in die Bebauungspläne und in dort bekannte Bodengutachten hilft, möglichen Schadstoffen oder Grundwasserproblemen auf die Schliche zu kommen. In Ostdeutschland sollten der Expertin Seo zufolge auch Aktivitäten des Kampfmittelräumdienstes beachtet werden.

Das ins Auge gefasste Haus sollte man von außen und innen sowie vom Keller bis zum Speicher inspizieren. Experten empfehlen mindestens zwei Termine. Einen, um Lage, Größe, Aufteilung und Ausstattung zu prüfen, und einen zweiten, um gründlich in die Ecken zu gucken. So seien Sanierungsbedarf und Wertminderungen besser einschätzbar.

Verbandsexpertin Reinhold-Postina warnt zur Vorsicht bei verschachtelten Anbauten oder aufwendig gestalteten Wand- oder Bodenverkleidungen. Dort könnten zum Beispiel Feuchtigkeitsmängel stecken. Auch alle Installationen einschließlich Telefon-, Internet- und Fernsehanschluss sowie Heizung und Fenster sollten gründlich geprüft werden.

Generell hat jede Hausgeneration typische Schwachpunkte: Keller ohne (oder mit nicht mehr tauglicher) Abdichtung, Rost an tragenden Elementen, morsche Balken und korrodierte Leitungen listet der Freiburger Bauingenieur Peter Burk in einem für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geschriebenen Ratgeber als charakteristisch für Häuser des beginnenden 20. Jahrhunderts auf. Blei-Wasserleitungen und ungedämmte Dächer kämen oft bei Gebäuden aus den Nachkriegsjahren vor. Asbest oder giftige Holzschutzmittel könnten in Immobilien stecken, die zwischen 1946 und 1989 entstanden. Und: In vielen allen älteren Gebäuden seien die Wärmedämmung und der Schallschutz ein Problem.

Kaufwilligen rät Burk, Bausachverständige oder Architekten zur Besichtigung mitzunehmen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Denn sind solche Mängel vorhanden, müssen sie in die Modernisierungskosten einkalkuliert werden. Sie kommen also zum Kaufpreis noch hinzu. Die Investitionen sollten en Experten zufolge nach Dringlichkeit, Finanzen und Stand der Technik konzipiert werden.

Vor der endgültigen Unterschrift unter den notariellen Kaufvertrag sollten angehende Hausbesitzer bereits eine Finanzierungszusage der Bank in der Tasche haben. Außerdem muss ein Termin beim Notar vereinbart werden, wo alle Fragen zum üblicherweise von Makler oder Verkäufer entworfenen Kaufvertrag gestellt werden und dieser Vertrag gegebenenfalls noch einmal geändert wird. Statt der gängigen Formel "Gekauft wie gesehen" rät Bauingenieur Burk dazu, Haus- und Grundstücksgröße, Mängel sowie Zahlungs- und Übergabemodalitäten in den Vertrag aufzunehmen. Der Entwurf sollte spätestens zwei Wochen vor der Beurkundung vorliegen. So bleibt immer noch etwas Zeit zum Überlegen.

Der Ratgeber "Kauf eines gebrauchten Hauses. Die Checklisten" kann über den Versandservice der Verbraucherzentralen unter www.vz-ratgeber.de für 9,90 Euro plus Versand erworben werden.

Leitfäden zur Sanierung und Modernisierung gebrauchter Häuser gibt es beim Verband Privater Bauherren unter www.vpb.de/versand-leitfaden.html.

19. März 2011


Quelle:
Die Welt, 19.03.2011