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Berlin bittet Wohnungskäufer zur Kasse

Berliner Wohnungskäufer sollen in Zukunft mehr zahlen. Finanzsenator Nußbaum plant, die Grunderwerbsteuer anzuheben. Bereits ein halbes Prozent brächte 50 Millionen Euro ein. Die Immobilienwirtschaft reagiert entsetzt.

Wer in Berlin demnächst ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück kaufen will, muss wohl mehr bezahlen. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) erwägt nach der Wahl die Anhebung der Grunderwerbsteuer. „Ich würde sie nicht ausschließen. Es ist die Aufgabe des Finanzsenators über Einnahmen nachzudenken“, sagte Nußbaum am Donnerstag in der spontanen Fragestunde des Berliner Abgeordnetenhauses.

Die Grunderwerbsteuer liegt in der Hauptstadt zurzeit bei 4,5 Prozent. Seit 2006 dürfen die Bundesländer diesen Steuersatz selbst festlegen. Schon zum 1. Januar 2007 hatte der rot-rote Senat davon Gebrauch gemacht und den Steuersatz um ein Prozent angehoben. Im vergangenen Jahr nahm Berlin nach Angaben der Senatsfinanzverwaltung über die Grunderwerbsteuer 394 Millionen Euro ein.

Mieter werden nicht belastet



Nußbaum verwies auf das Land Brandenburg, das seit 2010 einen Hebesatz von fünf Prozent verlangt. Ohne sich auf einen Prozentsatz festzulegen, sagte der Finanzsenator: „Wir werden uns ansehen müssen, ob wir den Betrag anheben müssen.“ Aufgrund der angespannten Finanzlage und der anstehenden Schuldenbremse muss auch Berlin weiter sparen und die Einnahmen steigern. Im Juli will der Senat seinen Haushaltsentwurf für die Jahre

Nußbaum verwies darauf, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer im Gegensatz zu einer Erhöhung der Grundsteuer nicht die Mieter belasten würde. Die steigenden Mieten in Berlin sind auch Thema des Wahlkampfs. Denn die Grunderwerbsteuer wird einmal beim Kauf einer Immobilie gezahlt. Die Grundsteuer, die zu 100 Prozent auf die Mieter übertragbar ist, wird jährlich erhoben. Über eine andere Berechnung der Grundsteuer gibt es ebenfalls eine Diskussion. Darüber wird aber auf Bundesebene entschieden.

Unterstützung bekam der Senator von Grünen. „Eine Anhebung um 0,5 Prozent würde Berlin etwa 50 Millionen Euro mehr Einnahmen bringen“, rechnete Jochen Esser, Finanzexperte der Grünen, vor. Kritik kam dagegen von der oppositionellen FDP, die das Vorhaben als eigentümerfeindlich ablehnt.

Regionale Immobilienwirtschaft entsetzt



Regelrecht entsetzt reagierte dagegen die Immobilienwirtschaft in der Region. „In ganz Europa werden Menschen unterstützt, die Eigentum bilden, damit sie später im Alter dem Staat nicht auf der Tasche liegen“, kritisierte gestern Dirk Wohltorf, der Vorsitzende des Berlin-Brandenburgischen Immobilienverbandes IVD. Die Rot-rote Koalition dagegen bestrafe ausgerechnet die Menschen, die sich über eine Immobilie für das Alter vorsorgen. Statt die Grunderwerbssteuer zu erhöhen, müsste sie in einer Mieterstadt wie Berlin vielmehr ausgesetzt werden, um insbesondere jungen Familien die Chance zu geben, Eigentum zu bilden. Ähnlich bewertet auch der Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine e.V. das Vorhaben des Finanzsenators.

„Beim Kauf eines 300000 Euro teuren Hauses würde der Staat bei fünf Prozent 15000 Euro ohne jede Gegenleistung abschöpfen“, so Sprecher Dieter Blümmel. Insgesamt würde Berlin über Grundsteuer und Grunderwerbssteuer bereits heute mehr als 1,1, Milliarden Euro jährlich aus dem Immobilienmarkt absaugen. Die Folgen spürten nicht nur die Eigentümer, so Blümmel weiter. „Das Bauen verteuert sich und die Mieten steigen.“ Nußbaum sei daher gut beraten, über weitere Einsparmöglichkeiten nachzudenken, anstatt die Steuern zu erhöhen.

24. Juni 2011

Quelle: Berliner Morgenpost, 24.06.2011