Frohnau
Home  | Presseberichte  | Wohneigentum in Berlin soll teurer werden

Wohneigentum in Berlin soll teurer werden

Dienstag, 8. November 2011 17:55 - Von Jens Anker

Die SPD will die Grunderwerbsteuer drastisch erhöhen. Die Wirtschaft ist nicht erfreut: Sie warnt vor steigenden Mieten. Und auch die CDU lehnt eine Anhebung ab, zeigt sich aber dennoch verhandlungsbereit.

Der alte und wohl auch neue Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) will die Grunderwerbsteuer deutlich erhöhen.

Die Berliner Wohnungswirtschaft hat die geplante Anhebung der Grunderwerbsteuer scharf kritisiert. „Das ist absurd“, sagte der Sprecher von Haus und Grund Berlin, Dieter Blümmel. „Einerseits sagen sie, die Mietsteigerungen sind zu hoch, andererseits unternehmen sie alles, damit die Mieten steigen.“ Die Kosten einer Immobilie würden natürlich auch Einfluss auf die Mieten nehmen.

Die SPD will auf ihrem kommenden Parteitag die Anhebung der Grunderwerbsteuer von derzeit 4,5 Prozent auf sieben Prozent beschließen. Die Antragskommission der Partei empfiehlt den Genossen, einem entsprechenden Antrag zuzustimmen. In den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU wird das Thema am Freitag verhandelt. Die CDU lehnt eine Anhebung der Steuer ab. „Da ist offenbar eine Heuchlertruppe am Werk“, kritisierte Blümmel die Sozialdemokraten. Schon jetzt sei die Grundsteuer in Berlin bundesweit am höchsten, außerdem bekomme der Senat die öffentlichen Gebühren wie die Wasserkosten nicht in den Griff. „Ich glaube nicht, dass sich die SPD damit durchsetzen wird“, sagte Blümmel.

„Wer so etwas vorschlägt, will Berlin kaputt machen“, kritisierte auch Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Berlin (IVB). „Wer den Neubau verhindern will, soll so etwas umsetzen.“
Auch der Ring Deutscher Makler (RDM) kritisiert die Pläne. „Das trifft den kleinen Mann auf der Straße, der sich eine Wohnung oder ein Haus kauft“, sagte der Vorsitzende des RDM, Markus Gruhn. Großinvestoren würden sich der Zahlung von Grunderwerbsteuer dadurch entziehen, dass sie nicht die Immobilie erwerben, sondern die Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Dabei würde keine Grunderwerbsteuer fällig. „Man sollte eine Regelung finden, dass die großen Fonds und Investoren sich nicht der Zahlung entziehen,

In Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt liegt der Steuersatz bei 4,5 Prozent. In Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sind es 3,5 Prozent, alle anderen Bundesländer erheben spätestens ab dem kommenden Jahr fünf Prozent. Eine Erhöhung spült nach Angaben der Finanzverwaltung je Prozentpunkt 100 Millionen Euro zusätzliche Steuern in den Haushalt.

Die Verhandlungspartner von SPD und CDU zeigten sich am Montag verwundert über den SPD-Antrag zur Anhebung der Grunderwerbsteuer auf sieben Prozent. „Das ist mir neu“, sagte ein SPD-Unterhändler. Berlin stehe anderen Bundesländern gegenüber in der Pflicht, warum es sich Leistungen wie die kostenfreie Kita und die kostenfreie Universität leiste, aber im Bundesvergleich immer noch an letzter Stelle stehe. Die CDU lehnt eine siebenprozentige Erhöhung der Grunderwerbsteuer zwar ab, zeigt sich aber verhandlungsbereit. „Wir müssen nicht nur über Ausgabensenkung nachdenken, sondern auch darüber, wie wir die Einnahmen erhöhen“, sagte ein Verhandlungsführer der CDU. Finanzsenator Nußbaum hatte sich in der Vergangenheit ebenfalls für die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ausgesprochen, eine Anhebung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer dagegen abgelehnt.

Neben der Grunderwerbsteuer verhandeln SPD und CDU derzeit in den Koalitionsverhandlungen auch über die Einführung einer „City Tax“ für Touristen. Die SPD ist dafür, die CDU lehnt das grundsätzlich ab. Sollten die Einnahmen aus der City Tax ausschließlich in die Verbesserung des touristischen Angebots fließen, dann könnte sich die CDU eine Einführung unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen.

Unterdessen nimmt Berlin in diesem Jahr voraussichtlich so viel Steuern ein wie nie zuvor. Nach der aktuellen Steuerschätzung der Finanzverwaltung werden die Steuereinnahmen in diesem Jahr bei 14,6 Milliarden Euro liegen. Das wären 270 Millionen Euro mehr Steuern als im Vorjahr. Schon im kommenden Jahr könnte nach den Berechnungen der Verwaltung erstmals die 15-Milliarden-Marke übersprungen werden.

Kein Verständnis zeigte Berlins Finanzsenator für die geplanten Steuersenkungen der Bundesregierung. „Jedes Minus bei den Einnahmen bedeutet auch weniger Spielraum bei den Ausgaben, damit ist den Bürgern nicht geholfen“, sagte Nußbaum. Die Bundesregierung sei dagegen gut beraten, Steuermehreinnahmen ausschließlich für eine Absenkung der Neuverschuldung einzusetzen.

Quelle: Berliner Morgenpost, 08.11.2011