Immobilien bergen auch Risiken
Es gibt einen Run auf die Immobilien“, sagt Heiko Stiepelmann. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie will zwar nicht von einem generellen Bauboom sprechen – doch dass viel mehr Wohnungen als noch vor wenigen Monaten gebaut werden, stellt er keineswegs in Abrede. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres wurden zwischen Kiel und Konstanz mehr als 202 000 Wohnungen hochgezogen – ein Plus um mehr als 13 Prozent gegenüber den ersten drei Quartalen des Vorjahres.
Die Deutschen haben – auch mangels anderer interessanter Anlagemöglichkeiten – den Glanz des Betongoldes entdeckt. „Die Renditen“, so meint Stiepelmann, sind eher bescheiden, „aber es gibt eben kaum Alternativen.“ Natürlich werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen, auch die im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarte Mietpreisbremse dürfte dämpfend wirken. Doch eine Angst ist wohl unbegründet – die Angst vor einer Immobilienblase. Zwar hat die Bundesbank erst kürzlich darauf hingewiesen, in deutschen Ballungsgebieten würden heute Preise für Wohnungen bezahlt, die morgen vielleicht nicht mehr zu halten seien. Aber auch die Bundesbanker sehen nicht die Gefahr, dass die Preise – wie 2007 beim Ausbruch der Immobilienkrise in den USA – in den Keller rutschen könnten.
Gerade in Baden-Württemberg mit seinen teurem Ballungsraum rund um Stuttgart werden nach den Angaben von Dieter Diener, dem Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, eher zu wenig als zu viel Wohnungen gebaut. „Jedes Jahr müssten 40 000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken“, meint Diener. Tatsächlich aber wurden etwa im vergangenen Jahr nur knapp 34 000 Wohnungen erstellt. Selbst wenn diese Zahl 2013 deutlich überschritten würde, läge der Neubau noch immer unter dem Bedarf. In vielen Gebieten zeichnet sich sogar eher eine neue Wohnungsnot denn eine Immobilienblase ab.
Doch auch wenn ein Immobilienblase die geringste Sorge für Anleger sein dürfte – auch beim Betongold ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch diese Art, Geld anzulegen, birgt Risiken. Natürlich sind etwa die Preise für Neubauwohnungen, die vermietet werden sollen, auf dem flachen Land geringer als in großen Städten. Dennoch macht es nach Meinung von Stiepelmann „keinen Sinn, nach Ostvorpommern zu gehen.“ Oder, wie Diener mit Blick auf den deutschen Südwesten meint, sich unbedingt eine Immobilie in einem Schwarzwaldtal oder auf der rauen Ostalb zulegen zu wollen. Diese kostet dort zwar weniger, aber nicht nur die möglichen Mieteinnahmen sind geringer. Zieht der Mieter aus, ist es auf dem flachen Land auch schwerer, einen neuen zu finden: „Dort gibt es das Risiko, dass die Wohnung längere Zeit leer steht, in Stuttgart steht sofort der nächste Mieter vor der Tür“, erklärt Diener.
Ulrich Wecker, Geschäftsführer der Eigentümervereinigung Haus- und Grund Stuttgart, meint zwar, gebaut werde in der Landeshauptstadt „nicht all zu viel“ – wohl aber mehr, als in früheren Jahren. „Angesichts eines Zinses für Tagesgeld von maximal einem Prozent sagen die Leute, da kauf’ ich mir lieber eine kleine Wohnung“. Als Beispiel nennt er eine Wohnung, die etwa 100 000 Euro kostet und eine Rendite vor Steuern zwischen drei und 3,5 Prozent bringen könnte. „Das ist ein Einstiegssegment, das gut geht“, berichtet Wecker. Insgesamt, so meint er, liege die Rendite – das Verhältnis von Mietertrag zu Kaufpreis – wohl leicht unter vier Prozent, gleichgültig, ob eine kleinere oder eine größere Wohnung gekauft werde. „Wer langfristig sein Geld anlegen wolle, so meint Diener, für den könne die Faustregel aufgestellt werden, „baue ein Haus und vermiete dieses.“ Wer dagegen eher am schnellen Geld interessiert sei, für den könne der Erwerb einer Eigentumswohnung interessant sein, die nach ein paar Jahren wieder verkauft wird.
Entscheidend für den Wert und die künftige Wertentwicklung ist auch die Lage innerhalb der Stadt. In Stuttgart gibt es etwa die berühmte „Halbhöhenlage“, in Berlin nach den Worten von Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland nicht weniger als 35 Mikromärkte. Was es aber auch dort nicht gibt, ist eine risikofreie Empfehlung: „Die Rendite kann von drei bis zehn Prozent reichen“, sagt Wohltorf – und sie kann in schlechten Lagen wegen geringerer Investitionskosten sogar höher sein als in guten. „Die besten Lagen bringen oft weniger Rendite als die schlechten, aber sie bringen auch mehr Sicherheit,“ meint der Berliner Makler – etwa weil die Fluktuation bei den Mietern geringer ist.
Professor Martin Gornig, Immobilienexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hält noch eine andere Abwägung für bedenkenswert: „Im Bestand gibt es immer ein Vermietungsrisiko, bei Neubauten ist dieses geringer“ – zumindest beim Beton glänzt neues Gold heller als das alte, kostet aber auch mehr. Die neu entdeckte Neigung zu Betongold sei verständlich, meint der Experte. Eine solche Geldanlage könne „lukrativ“ sein. „Aber sie ist nicht risikofrei“. Die Argumente für oder gegen einen Kauf sind schwieriger abzuwägen als die Einrichtung eines Tagesgeldkontos, bei dem es nur ein „Ja“ oder ein „Nein“ gibt. Bei Wohnungen, so meint nicht nur Diener, „kommt es immer auf das konkrete Objekt an.“ Zumindest Wohltorf indes weiß einen Trost angesichts der oft schwer zu überblickenden Gemengelage: „Der, der alles richtig gemacht hat, wohnt im Alter in seiner entschuldeten Immobilie und hat noch eine andere Wohnung, die er vermietet hat.“
Das Betongold mag zwar Investoren locken – eine Lösung für die Wohnungsfrage aber bringt der Run nach Meinung von Rolf Gaßmann, dem Vorsitzenden des Mietervereins Stuttgart, aber nicht: „Gebaut wird nur für Reich, nicht für Arm,“ kritisiert Gaßmann. „Bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten gibt es nur, wenn der Bau öffentlich gefördert wird.“
Quelle:
Stuttgarter Zeitung (04.12.2013)
Die Deutschen haben – auch mangels anderer interessanter Anlagemöglichkeiten – den Glanz des Betongoldes entdeckt. „Die Renditen“, so meint Stiepelmann, sind eher bescheiden, „aber es gibt eben kaum Alternativen.“ Natürlich werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen, auch die im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarte Mietpreisbremse dürfte dämpfend wirken. Doch eine Angst ist wohl unbegründet – die Angst vor einer Immobilienblase. Zwar hat die Bundesbank erst kürzlich darauf hingewiesen, in deutschen Ballungsgebieten würden heute Preise für Wohnungen bezahlt, die morgen vielleicht nicht mehr zu halten seien. Aber auch die Bundesbanker sehen nicht die Gefahr, dass die Preise – wie 2007 beim Ausbruch der Immobilienkrise in den USA – in den Keller rutschen könnten.
Gerade in Baden-Württemberg mit seinen teurem Ballungsraum rund um Stuttgart werden nach den Angaben von Dieter Diener, dem Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, eher zu wenig als zu viel Wohnungen gebaut. „Jedes Jahr müssten 40 000 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken“, meint Diener. Tatsächlich aber wurden etwa im vergangenen Jahr nur knapp 34 000 Wohnungen erstellt. Selbst wenn diese Zahl 2013 deutlich überschritten würde, läge der Neubau noch immer unter dem Bedarf. In vielen Gebieten zeichnet sich sogar eher eine neue Wohnungsnot denn eine Immobilienblase ab.
Auf dem Land ist das Risiko des Leerstands höher
Doch auch wenn ein Immobilienblase die geringste Sorge für Anleger sein dürfte – auch beim Betongold ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch diese Art, Geld anzulegen, birgt Risiken. Natürlich sind etwa die Preise für Neubauwohnungen, die vermietet werden sollen, auf dem flachen Land geringer als in großen Städten. Dennoch macht es nach Meinung von Stiepelmann „keinen Sinn, nach Ostvorpommern zu gehen.“ Oder, wie Diener mit Blick auf den deutschen Südwesten meint, sich unbedingt eine Immobilie in einem Schwarzwaldtal oder auf der rauen Ostalb zulegen zu wollen. Diese kostet dort zwar weniger, aber nicht nur die möglichen Mieteinnahmen sind geringer. Zieht der Mieter aus, ist es auf dem flachen Land auch schwerer, einen neuen zu finden: „Dort gibt es das Risiko, dass die Wohnung längere Zeit leer steht, in Stuttgart steht sofort der nächste Mieter vor der Tür“, erklärt Diener.
Ulrich Wecker, Geschäftsführer der Eigentümervereinigung Haus- und Grund Stuttgart, meint zwar, gebaut werde in der Landeshauptstadt „nicht all zu viel“ – wohl aber mehr, als in früheren Jahren. „Angesichts eines Zinses für Tagesgeld von maximal einem Prozent sagen die Leute, da kauf’ ich mir lieber eine kleine Wohnung“. Als Beispiel nennt er eine Wohnung, die etwa 100 000 Euro kostet und eine Rendite vor Steuern zwischen drei und 3,5 Prozent bringen könnte. „Das ist ein Einstiegssegment, das gut geht“, berichtet Wecker. Insgesamt, so meint er, liege die Rendite – das Verhältnis von Mietertrag zu Kaufpreis – wohl leicht unter vier Prozent, gleichgültig, ob eine kleinere oder eine größere Wohnung gekauft werde. „Wer langfristig sein Geld anlegen wolle, so meint Diener, für den könne die Faustregel aufgestellt werden, „baue ein Haus und vermiete dieses.“ Wer dagegen eher am schnellen Geld interessiert sei, für den könne der Erwerb einer Eigentumswohnung interessant sein, die nach ein paar Jahren wieder verkauft wird.
Entscheidend für den Wert und die künftige Wertentwicklung ist auch die Lage innerhalb der Stadt. In Stuttgart gibt es etwa die berühmte „Halbhöhenlage“, in Berlin nach den Worten von Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland nicht weniger als 35 Mikromärkte. Was es aber auch dort nicht gibt, ist eine risikofreie Empfehlung: „Die Rendite kann von drei bis zehn Prozent reichen“, sagt Wohltorf – und sie kann in schlechten Lagen wegen geringerer Investitionskosten sogar höher sein als in guten. „Die besten Lagen bringen oft weniger Rendite als die schlechten, aber sie bringen auch mehr Sicherheit,“ meint der Berliner Makler – etwa weil die Fluktuation bei den Mietern geringer ist.
Gaßmann: „Gebaut wird nur für Reich, nicht für Arm“
Professor Martin Gornig, Immobilienexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hält noch eine andere Abwägung für bedenkenswert: „Im Bestand gibt es immer ein Vermietungsrisiko, bei Neubauten ist dieses geringer“ – zumindest beim Beton glänzt neues Gold heller als das alte, kostet aber auch mehr. Die neu entdeckte Neigung zu Betongold sei verständlich, meint der Experte. Eine solche Geldanlage könne „lukrativ“ sein. „Aber sie ist nicht risikofrei“. Die Argumente für oder gegen einen Kauf sind schwieriger abzuwägen als die Einrichtung eines Tagesgeldkontos, bei dem es nur ein „Ja“ oder ein „Nein“ gibt. Bei Wohnungen, so meint nicht nur Diener, „kommt es immer auf das konkrete Objekt an.“ Zumindest Wohltorf indes weiß einen Trost angesichts der oft schwer zu überblickenden Gemengelage: „Der, der alles richtig gemacht hat, wohnt im Alter in seiner entschuldeten Immobilie und hat noch eine andere Wohnung, die er vermietet hat.“
Das Betongold mag zwar Investoren locken – eine Lösung für die Wohnungsfrage aber bringt der Run nach Meinung von Rolf Gaßmann, dem Vorsitzenden des Mietervereins Stuttgart, aber nicht: „Gebaut wird nur für Reich, nicht für Arm,“ kritisiert Gaßmann. „Bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten gibt es nur, wenn der Bau öffentlich gefördert wird.“
Quelle:
Stuttgarter Zeitung (04.12.2013)