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Kaufen ist in Berlin oft günstiger als mieten

84 Prozent der Berliner wohnen zur Miete. Doch eine Studie zeigt: Der Erwerb einer Wohnung ist trotz gestiegener Kaufpreise für viele Berliner erschwinglich.

Von Isabell Jürgens

Berlin ist eine Mieterstadt. 84 Prozent der Berliner wohnen nicht in den eigenen vier Wänden, sondern in einer der 1,616 Millionen Mietwohnungen der Stadt. Doch angesichts der immer stärker steigenden Mieten denken viele Berliner über den Erwerb einer Eigentumswohnung nach. Allerdings sind in den vergangenen Jahren auch die Kaufpreise stark gestiegen – allein 2014 um zehn Prozent. Zudem verdient auch das Land Berlin kräftig mit und verlangt vom Erwerber einer Immobilie sechs Prozent des Kaufpreises als Grunderwerbssteuer. Trotzdem, so das überraschende Fazit des Immobilienverbandes IVD Berlin-Brandenburg, war der Kauf einer Immobilie nie erschwinglicher als heute. "In allen Berliner Bezirken ist es aktuell günstiger zu kaufen, als zu mieten", sagte Dirk Wohltorf, Vorstandsvorsitzender des IVD, am Mittwoch.

Die Erschwinglichkeit von Eigentumswohnungen, so Wohltorf weiter, befinde sich derzeit auf einem Allzeithoch. Durch das historisch niedrige Zinsniveau sowie die gestiegenen Einkommen sei Wohneigentum für die Berliner leistbarer als je zuvor. Allerdings gebe es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bezirken.

Um zu verdeutlichen, wie hoch die monatliche Belastung beim Kauf einer Immobilie tatsächlich ist, haben die IVD-Experten zunächst die Preise für eine Eigentumswohnung (90 Quadratmeter), aufgeschlüsselt nach Bezirk, der sogenannten Vorzugs- und der preiswerteren Standardwohnlage, zugrunde gelegt. Für die Beispielrechnung wurde zudem ein Eigenkapitalanteil von 25 Prozent angenommen. 75 Prozent des Kaufpreises werden über einen Bankkredit finanziert, der in einem Zeitraum von 30 Jahren vollständig getilgt wird.

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"In Reinickendorf etwa ergibt sich so eine monatliche Belastung von 367 in einfachen, beziehungsweise 480 Euro in guten Wohnlagen", so Wohltorf. Nach Angaben des IVD, der die Interessen der Makler vertritt, kostete eine Wohnung in Reinickendorf im vergangenen Jahr 1300 Euro pro Quadratmeter in einfachen und 1700 Euro je Quadratmeter in guten Wohnlagen. In Charlottenburg-Wilmersdorf sind die Kaufpreise deutlich höher (2000 Euro in einfachen, 3000 Euro in guten Lagen). Und so ergibt sich im westlichen City-Bezirk für die Erwerber eine monatliche Belastung von 846,45 in guten und 564,30 Euro in einfachen Wohnlagen. "Die Mieten bei neuen Vertragsabschlüssen liegen in den guten Lagen in Charlottenburg-Wilmersdorf mittlerweile bereits bei 11,50 Euro, da ist der Kauf also durchaus eine Überlegung wert", so Wohltorf.

Allerdings, und das weiß keiner besser als Dirk Wohltorf, der in Berlin auch als Makler arbeitet, ist es derzeit alles andere als einfach, überhaupt eine Eigentumswohnung zu finden. Schuld daran sei aber nicht der ungebrochen hohe Zuzug von kaufkräftigen Bürgern nach Berlin. Schuld daran sei in erster Linie die eigentumsfeindliche Wohnungspolitik des Landes Berlin, so Wohltorf. "Das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen in den Berliner Milieuschutzgebieten führt dazu, dass die ansässige Bevölkerung nicht für ihren Ruhestand vorsorgen und direkt am Wohnort vom Mieter zum Eigentümer werden kann", rügt Wohltorf. Letztlich würde die Berliner Politik so langfristig verhindern, dass Mieter eine kapitalgedeckte Altersvorsorge betreiben könnten. "Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob sie Mieter von kleinen oder großen Immobilieninvestoren sind", so Wohltorf weiter. Der Mieterschutz gelte schließlich auch in Eigentumswohnungen.

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Da die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zunehmend erschwert wird, können Kaufinteressenten auf die Neubauprojekte privater Bauträger zurückgreifen – vorausgesetzt, sie haben das nötige Kapital. Die Preise der rund 17.600 Wohnungen, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt derzeit im Bau sind, liegen überwiegend zwischen 3000 und 6000 Euro pro Quadratmeter. Deutlich höhere Preisforderungen sind jedoch keine Seltenheit. "Viele Bürger würden deshalb gern ihre Mietwohnung kaufen", so Wohltorf. Zumal der Mieter einer Wohnung im Falle eines Verkaufes ein gesetzlich verankertes Vorkaufsrecht genießt.

In der IVD-Studie zur Erschwinglichkeit von selbst genutztem Wohneigentum haben die Autoren auch bundesweit untersucht, wie das verfügbare Einkommen der Haushalte am Wohnort im Verhältnis zur Finanzierung ausfällt. Die Berechnungsmethode nennt sich "Erschwinglichkeits-Index", bei dem ein hoher Wert eine gute, ein niedriger eine schlechte Erschwinglichkeit anzeigt. Die erschwinglichsten Eigenheime in den deutschen Großstädten gibt es demnach mit einem Wert von 139,45 in den östlichen Bezirken Berlins. Im Westteil der Stadt sind die Voraussetzungen weniger günstig, dort beläuft sich der Indexwert auf 105,98. Obwohl die Einkommen der Münchner gut ein Drittel höher sind als die der Berliner, liegt die Erschwinglichkeit einer Immobilie für die ortsansässige Bevölkerung dort nur bei 58,65.

Für das laufende Jahr erwartet der IVD wieder eine leichte Verschlechterung der Erwerbsmöglichkeiten von Wohnimmobilien. Hauptgrund: "Die Zinsen können kaum mehr niedriger werden", so die Prognose. Die Preise für Wohneigentum würden jedoch weiter steigen.

Unabhängig von Umwandlungsverboten und hohen Neubaupreisen ist für Rainer Wild, den Chef des Berliner Mietervereins, ohnehin eines klar: "Berlin bleibt eine Mieterstadt." Denn viele Berliner würden gar nicht über das erforderliche Eigenkapital verfügen, um von den Banken einen Kredit zu bekommen. Außerdem sei aufgrund der hohen Grundstückspreise gerade das Wohnen in den gefragten Innenstadtlagen nur in einer Mietwohnung zu realisieren. "Nicht ohne Grund ist die Eigentumsquote in Berlin, aber auch in anderen Großstädten so gering", so der Vereinschef. Zudem warnt er auch vor den Risiken eines Kaufes: "Schon so manchen habe Krankheit und Trennung einen Strich durch die Finanzierung gemacht. Auch solche Faktoren sollte man bedenken."

Quelle:
Berliner Morgenpost (11.02.2015)