Wer bestellt, muss zahlen
Umzüge sind teuer, nicht zuletzt wegen der anfallenden Maklerprovision. Zwei Monatsmieten müssen da häufig hingeblättert werden - manchmal nur fürs Aufschließen. Seit Juni nun muss diese Kosten tragen, wer den Makler bestellt, und das ist meist der Vermieter. Der Mieterbund feiert die neue Regelung. Makler schimpfen schon jetzt. Von Jana Göbel
Seit dem 1. Juni gilt bundesweit das sogenannte Bestellerprinzip: Wer den Makler bestellt, bezahlt ihn auch, egal ob Mieter oder Vermieter. Doch welche Fallstricke hat die neue Regelung? Profitieren wirklich alle Mieter? Und vor allem halten sich alle daran?
Ilka Stolle vom Deutschen Mieterbund in Brandenburg und Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland zu den wichtigsten Fragen
Hinsichtlich der Maklergebühren werden die Mieter davon profitieren, weil man von ihnen keine Gebühren mehr verlangen kann. Das sind immerhin zwei Nettokaltmieten zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer. Die wird künftig derjenige zahlen müssen, der den Auftrag an den Makler erteilt hat. Das ist in der Regel der Vermieter.
Dirk Wohltorf - Immobilienverband: Das Gesetz nützt den Rechtsanwälten, die mehr Prozesse bekommen und mehr Geld mit Klagen verdienen werden. Den Mietern glaube ich nicht. Sie werden keine Unterstützung mehr von Maklern bekommen, weil ein Makler nicht mehr individuell für sie arbeiten darf. Der Gesetzgeber nennt es zwar Bestellerprinzip, aber es ist kein Bestellerprinzip. Deshalb ist es der Mieter, der letztlich darunter leiden wird, auch wenn er jetzt noch glaubt, davon zu profitieren.
Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland (Quelle: rbb/Jana Göbel)
Dirk Wohltorf vom Immobilienverband findet, dass das Bestellerprinzip kein Mensch verstehe
Mieterbund: Der Mieter hat ja keine Verpflichtungen durch das Gesetz. Er ist begünstigt. Ob die Vermieter sich daran halten, wird man sehen. Und auch ob sich Makler daran halten werden, wird die Praxis zeigen. Auf einem engen Wohnungsmarkt kann es problematisch werden, denn es gibt Möglichkeiten. Aber die bewegen sich im illegalen Bereich.
Immobilienverband: Die Gesetzeslage ist relativ klar: Der Vermieter muss den Makler immer bezahlen, und der Mieter praktisch nie. Über Schlupflöcher zu sprechen, ist zu früh, auch weil wir uns alle an Gesetze halten wollen – auch wenn wir sie für verfehlt halten. Man wird das aber nicht flächendeckend kontrollieren können.
Spezial
Mieterbund: Ja, das könnte sein. Die Vermieter werden sich überlegen, ob sie die Maklergebühren aufwenden wollen. Für die Mieter macht es wahrscheinlich gar keinen so großen Unterschied, ob da jetzt noch ein Makler dazwischen geschaltet ist. Sie werden sich weiter über Zeitungsannoncen und Internetportale informieren. Aber man muss nicht die Maklercourtage bezahlen.
Immobilienverband: Wenn der Makler in Zukunft vom Eigentümer bestellt und bezahlt wird, muss er auch die Interessen des Eigentümers durchsetzen. Bisher war das häufig anders herum, dass der Makler auch für den Mieter verhandelt hat und versucht hat, auch für ihn noch was rauszuholen. Er wird zum Beispiel für den Mieter keine freien Monate mehr heraushandeln. In Zukunft wird es eher so sein, dass der Makler sagt, wenn du die Wohnung haben willst, dann zur nächsten Woche, zur vollen Summe und am Ende hat der Mieter wahrscheinlich mehr verloren als gewonnen. Es hört sich zwar erstmal gut an: Der Mieter braucht den Makler nicht mehr zu bezahlen. Aber er bekommt auch die Leistung nicht mehr.
Wird sich die Qualität der Maklerberatung verbessern?
Mieterbund: Das kann sein. Die Makler werden sich dem Markt stellen müssen und die Qualität ihrer Tätigkeit verbessern, wenn sie sich behaupten wollen. Es wär gut für die Mieter, wenn der Makler nicht nur die Wohnungstür aufschließt, sondern auch etwas mehr zu der Wohnung sagen kann - zum Beispiel zum Energiepass, zum Grundriss, zu Betriebs- und Heizkosten. Das ist in der Vergangenheit nicht immer so gewesen.
Immobilienverband: Ich glaube, dass der sogenannte Nachweismakler, der einfach damit Geld verdient hat, dass er eine Wohnung hatte und eine Adresse nannte, einmal aufgeschlossen hat und sich danach einen Mieter aussuchen konnte, keine Berechtigung mehr hat. Die hatte er ja in der Vergangenheit auch nicht. Ich glaube schon, dass sich das auf die Branche positiv auswirkt. Ich glaube, dass einige schwarze Schafe perspektivisch keine Chance mehr haben, und das tut dem Berufsstand gut.
Wird das neue Gesetz Arbeitsplätze schaffen oder vernichten?
Mieterbund: Es kann schon sein, dass in der Maklerbranche Arbeitsplätze verloren gehen. Die dürften aber woanders wieder entstehen. Ich denke, es wird sich nur verschieben - von der Maklerbranche in die Wohnungswirtschaft hinein. Oder in den Internetbereich. Wenn das Internet mehr genutzt wird, werden dort auch mehr Arbeitsplätze entstehen.
Immobilienverband: Vielleicht dreht sich das so, dass Profis in der Wohnungswirtschaft ihre Vermietungsabteilung neu strukturieren und dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Da muss man die ersten Monate abwarten. Ich kann mir vorstellen, dass es der eine oder andere Vermieter alleine probiert, aber vielleicht auch schnell erkennt, dass Vermittlung mehr bedeutet, als einmal aufzuschließen. Ich denke, dass es keinen Zusammenbruch geben wird.
Wohnungsmarkt
Mieterbund: Ich glaube nicht, dass sich die Anzahl der Umzüge verändert. Diejenigen mit niedrigem Einkommen hat es bisher wohl eher davon abgehalten, eine Wohnung mit Maklercourtage anzumieten. In der Vergangenheit war es so, dass ein Mieter, der sich die Maklercourtage nicht leisten konnte, solange gesucht hat, bis er eine Wohnung ohne Courtage gefunden hat. Das entfällt künftig, führt aber nicht dazu, dass dauerhaft mehr Umzüge stattfinden.
Immobilienverband: Mehr Umzüge kann es erst geben, wenn mehr Wohnungen da sind. Durch das Bestellerprinzip gibt es eher weniger Umzüge, weil der Markt noch träger wird. Einige Eigentümer etwa könnten ihre Wohnung ein, zwei Monate erst mal liegen lassen, weil sie sagen: Ich will die selbst nicht anbieten, das ist mir alles zu viel, aber ich will vielleicht auch den Makler nicht bezahlen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in einer großen Stadt wie Berlin einige hundert Eigentümer gibt, die erst mal abwarten, was mit dem Bestellerprinzip passiert. Das würde uns allen nicht gut tun.
Mieterbund: Wir haben in Brandenburg einen sehr unterschiedlichen Wohnungsmarkt. Im Speckgürtel um Berlin gibt es zu wenige Wohnungen. Da ist die Wahrscheinlichkeit, einen Wohnungsleerstand zu haben, eher gering. Im Flächenland dagegen haben wir sowieso mit Leerstandsproblemen zu tun. Das hat aber nichts mit Maklergebühren zu tun, sondern mit dem Bevölkerungsrückgang. Die Menschen ziehen halt dorthin, wo sie Arbeit finden.
Immobilienverband: Mietpreisbremse und Bestellerprinzip verunsichern viele Vermieter. Der größte Teil der bereitgestellten Wohnungen in Berlin und Brandenburg wird von Privateigentümern bereit gestellt – einfach Menschen, die ein oder zwei Eigentumswohnungen als Altersvorsorge gekauft haben. Das sind keine Profis, die haben sich bisher einem Makler oder Hausverwalter anvertraut. Die sind irritiert und warten ab, wo die Reise jetzt hingeht. Und jede Wohnung, die durch Verunsicherung nicht an den Markt kommt, hat die Politik auf dem Gewissen.
Mieterbund: Bislang sehe ich keinen Nachbesserungsbedarf. Es kann sein, dass die Praxis Lücken zeigt - das muss man abwarten. Bislang ist das Gesetz so, wie wir als Mieterbund uns das vorgestellt haben.
Immobilienverband: Ja, auf jeden Fall. Die Politik nennt das neue Gesetz Bestellerprinzip, obwohl es gar kein richtiges Bestellerprinzip ist. Denn ein Mieter kann den Makler nicht mehr bezahlen, wenn der Makler eine Immobilie anbietet, die er schon zur Beauftragung in seinem Portfolio hat. Das versteht kein Mensch, und da muss nachgebessert werden. Ein Mietinteressent, der den Makler beauftragt, eine Wohnung zu suchen, dem muss auch eine Wohnung aus dem Bestand, aus dem Portfolio des Maklers angeboten werden können. Das darf die Politik nicht verbieten. Wenn Menschen aus anderen Bundesländern kommen, werden sie in den nächsten Monaten aufgeschmissen sein, weil sie niemanden mehr finden, der sie an die Hand nimmt.
Mieterbund: Ein großer Teil der Bevölkerung fand die alte Regelung im Wohnungsmarkt ungerecht, nämlich dass der Mieter die Courtage zahlen musste, obwohl er den Makler nicht beauftragt hat. Dem wurde jetzt abgeholfen und ich denke, das ist fair. Wer bestellt, muss bezahlen. Was politisch gewollt war, wird mit dem Gesetz erreicht: nämlich mehr Gerechtigkeit beim Vertragsabschluss.
Immobilienverband: Die Politik möchte Wahlen gewinnen. In Berlin ist im nächsten Jahr eine große Wahl, auf Bundesebene in zwei Jahren. Das ist vorgelagerter Wahlkampf. Die SPD hat damit angefangen, auch die CDU hat gemerkt, dass viele Menschen in Deutschland Mieter sind. Wenn ich weiß, dass 85 Prozent der Wähler in Berlin Mieter sind, dann mach ich wahrscheinlich mehr Gesetze, die die 85 Prozent ansprechen und nicht die 15 Prozent Eigentümer. Das ist Wahlkampf auf Kosten der Eigentümer und am Ende auch auf Kosten der Mieter. Denn die Transparenz wird dadurch nicht besser und das Wohnungsangebot auch nicht.
Ilka Stolle vom Deutschen Mieterbund Brandenburg (Quelle: rbb/Jana Göbel)
Für Ilka Stolle vom Mieterbund ist das Gesetz schlüssig und fair
Wirkt sich das neue Gesetz in Berlin und Brandenburg unterschiedlich aus?
Mieterbund: Es kann sein, dass in der ersten Phase nach Inkrafttreten des Gesetzes einige Makler versuchen, das zu umgehen. Und das wird vor allem dort geschehen, wo der Markt angespannt ist, also vor allem in Berlin und im Speckgürtel. An der Peripherie von Brandenburg kann ich mir nicht vorstellen, dass Wohnungsmieter sich auf solche Sachen einlassen, weil genug Wohnungen am Markt sind. Aber auch am angespannten Wohnungsmarkt kann man den Mietern nur empfehlen, wachsam zu sein und sich auf mögliche Fallen nicht einzulassen oder sich davor zu schützen.
Immobilienverband: In Brandenburg ist in der Fläche das Angebot größer als die Nachfrage, da zahlt der Eigentümer schon immer die Provision. In der Brandenburger Fläche wird das Gesetz also nicht viel verändern. Höchstens in Gebieten, wo die Nachfrage größer ist als das Angebot, zum Beispiel in Potsdam. Wir haben auch in Berlin solche Zeiten gehabt, in denen der Eigentümer die Provision bezahlt hat. In den späten 90er Jahren gab es 100.000 leerstehende Wohnungen in Berlin. Jetzt ist die Situation ganz anders. Aber wir Makler dürfen den Mietern nicht mehr so helfen, weil wir die Interessen des Eigentümers vertreten müssen. Das hat uns die Politik so aufgezwungen.
Seit dem 1. Juni gilt bundesweit das sogenannte Bestellerprinzip: Wer den Makler bestellt, bezahlt ihn auch, egal ob Mieter oder Vermieter. Doch welche Fallstricke hat die neue Regelung? Profitieren wirklich alle Mieter? Und vor allem halten sich alle daran?
Zwei konträre Sichtweisen auf das neue Bestellerprinzip:
Ilka Stolle vom Deutschen Mieterbund in Brandenburg und Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland zu den wichtigsten Fragen
Wem nützt das neue Gesetz?
Hinsichtlich der Maklergebühren werden die Mieter davon profitieren, weil man von ihnen keine Gebühren mehr verlangen kann. Das sind immerhin zwei Nettokaltmieten zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer. Die wird künftig derjenige zahlen müssen, der den Auftrag an den Makler erteilt hat. Das ist in der Regel der Vermieter.
Dirk Wohltorf - Immobilienverband: Das Gesetz nützt den Rechtsanwälten, die mehr Prozesse bekommen und mehr Geld mit Klagen verdienen werden. Den Mietern glaube ich nicht. Sie werden keine Unterstützung mehr von Maklern bekommen, weil ein Makler nicht mehr individuell für sie arbeiten darf. Der Gesetzgeber nennt es zwar Bestellerprinzip, aber es ist kein Bestellerprinzip. Deshalb ist es der Mieter, der letztlich darunter leiden wird, auch wenn er jetzt noch glaubt, davon zu profitieren.
Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland (Quelle: rbb/Jana Göbel)
Dirk Wohltorf vom Immobilienverband findet, dass das Bestellerprinzip kein Mensch verstehe
Werden sich Mieter und Vermieter daran halten? Gibt es Schlupflöcher?
Mieterbund: Der Mieter hat ja keine Verpflichtungen durch das Gesetz. Er ist begünstigt. Ob die Vermieter sich daran halten, wird man sehen. Und auch ob sich Makler daran halten werden, wird die Praxis zeigen. Auf einem engen Wohnungsmarkt kann es problematisch werden, denn es gibt Möglichkeiten. Aber die bewegen sich im illegalen Bereich.
Immobilienverband: Die Gesetzeslage ist relativ klar: Der Vermieter muss den Makler immer bezahlen, und der Mieter praktisch nie. Über Schlupflöcher zu sprechen, ist zu früh, auch weil wir uns alle an Gesetze halten wollen – auch wenn wir sie für verfehlt halten. Man wird das aber nicht flächendeckend kontrollieren können.
Spezial
Wird die Wohnungssuche durch das neue Gesetz einfacher?
Mieterbund: Ja, das könnte sein. Die Vermieter werden sich überlegen, ob sie die Maklergebühren aufwenden wollen. Für die Mieter macht es wahrscheinlich gar keinen so großen Unterschied, ob da jetzt noch ein Makler dazwischen geschaltet ist. Sie werden sich weiter über Zeitungsannoncen und Internetportale informieren. Aber man muss nicht die Maklercourtage bezahlen.
Immobilienverband: Wenn der Makler in Zukunft vom Eigentümer bestellt und bezahlt wird, muss er auch die Interessen des Eigentümers durchsetzen. Bisher war das häufig anders herum, dass der Makler auch für den Mieter verhandelt hat und versucht hat, auch für ihn noch was rauszuholen. Er wird zum Beispiel für den Mieter keine freien Monate mehr heraushandeln. In Zukunft wird es eher so sein, dass der Makler sagt, wenn du die Wohnung haben willst, dann zur nächsten Woche, zur vollen Summe und am Ende hat der Mieter wahrscheinlich mehr verloren als gewonnen. Es hört sich zwar erstmal gut an: Der Mieter braucht den Makler nicht mehr zu bezahlen. Aber er bekommt auch die Leistung nicht mehr.
Wird sich die Qualität der Maklerberatung verbessern?
Mieterbund: Das kann sein. Die Makler werden sich dem Markt stellen müssen und die Qualität ihrer Tätigkeit verbessern, wenn sie sich behaupten wollen. Es wär gut für die Mieter, wenn der Makler nicht nur die Wohnungstür aufschließt, sondern auch etwas mehr zu der Wohnung sagen kann - zum Beispiel zum Energiepass, zum Grundriss, zu Betriebs- und Heizkosten. Das ist in der Vergangenheit nicht immer so gewesen.
Immobilienverband: Ich glaube, dass der sogenannte Nachweismakler, der einfach damit Geld verdient hat, dass er eine Wohnung hatte und eine Adresse nannte, einmal aufgeschlossen hat und sich danach einen Mieter aussuchen konnte, keine Berechtigung mehr hat. Die hatte er ja in der Vergangenheit auch nicht. Ich glaube schon, dass sich das auf die Branche positiv auswirkt. Ich glaube, dass einige schwarze Schafe perspektivisch keine Chance mehr haben, und das tut dem Berufsstand gut.
Wird das neue Gesetz Arbeitsplätze schaffen oder vernichten?
Mieterbund: Es kann schon sein, dass in der Maklerbranche Arbeitsplätze verloren gehen. Die dürften aber woanders wieder entstehen. Ich denke, es wird sich nur verschieben - von der Maklerbranche in die Wohnungswirtschaft hinein. Oder in den Internetbereich. Wenn das Internet mehr genutzt wird, werden dort auch mehr Arbeitsplätze entstehen.
Immobilienverband: Vielleicht dreht sich das so, dass Profis in der Wohnungswirtschaft ihre Vermietungsabteilung neu strukturieren und dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Da muss man die ersten Monate abwarten. Ich kann mir vorstellen, dass es der eine oder andere Vermieter alleine probiert, aber vielleicht auch schnell erkennt, dass Vermittlung mehr bedeutet, als einmal aufzuschließen. Ich denke, dass es keinen Zusammenbruch geben wird.
Wohnungsmarkt
Wird es mehr Umzüge geben?
Mieterbund: Ich glaube nicht, dass sich die Anzahl der Umzüge verändert. Diejenigen mit niedrigem Einkommen hat es bisher wohl eher davon abgehalten, eine Wohnung mit Maklercourtage anzumieten. In der Vergangenheit war es so, dass ein Mieter, der sich die Maklercourtage nicht leisten konnte, solange gesucht hat, bis er eine Wohnung ohne Courtage gefunden hat. Das entfällt künftig, führt aber nicht dazu, dass dauerhaft mehr Umzüge stattfinden.
Immobilienverband: Mehr Umzüge kann es erst geben, wenn mehr Wohnungen da sind. Durch das Bestellerprinzip gibt es eher weniger Umzüge, weil der Markt noch träger wird. Einige Eigentümer etwa könnten ihre Wohnung ein, zwei Monate erst mal liegen lassen, weil sie sagen: Ich will die selbst nicht anbieten, das ist mir alles zu viel, aber ich will vielleicht auch den Makler nicht bezahlen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in einer großen Stadt wie Berlin einige hundert Eigentümer gibt, die erst mal abwarten, was mit dem Bestellerprinzip passiert. Das würde uns allen nicht gut tun.
Kann es sein, dass Wohnungen leer bleiben?
Mieterbund: Wir haben in Brandenburg einen sehr unterschiedlichen Wohnungsmarkt. Im Speckgürtel um Berlin gibt es zu wenige Wohnungen. Da ist die Wahrscheinlichkeit, einen Wohnungsleerstand zu haben, eher gering. Im Flächenland dagegen haben wir sowieso mit Leerstandsproblemen zu tun. Das hat aber nichts mit Maklergebühren zu tun, sondern mit dem Bevölkerungsrückgang. Die Menschen ziehen halt dorthin, wo sie Arbeit finden.
Immobilienverband: Mietpreisbremse und Bestellerprinzip verunsichern viele Vermieter. Der größte Teil der bereitgestellten Wohnungen in Berlin und Brandenburg wird von Privateigentümern bereit gestellt – einfach Menschen, die ein oder zwei Eigentumswohnungen als Altersvorsorge gekauft haben. Das sind keine Profis, die haben sich bisher einem Makler oder Hausverwalter anvertraut. Die sind irritiert und warten ab, wo die Reise jetzt hingeht. Und jede Wohnung, die durch Verunsicherung nicht an den Markt kommt, hat die Politik auf dem Gewissen.
Müsste aus Ihrer Sicht nachgebessert werden?
Mieterbund: Bislang sehe ich keinen Nachbesserungsbedarf. Es kann sein, dass die Praxis Lücken zeigt - das muss man abwarten. Bislang ist das Gesetz so, wie wir als Mieterbund uns das vorgestellt haben.
Immobilienverband: Ja, auf jeden Fall. Die Politik nennt das neue Gesetz Bestellerprinzip, obwohl es gar kein richtiges Bestellerprinzip ist. Denn ein Mieter kann den Makler nicht mehr bezahlen, wenn der Makler eine Immobilie anbietet, die er schon zur Beauftragung in seinem Portfolio hat. Das versteht kein Mensch, und da muss nachgebessert werden. Ein Mietinteressent, der den Makler beauftragt, eine Wohnung zu suchen, dem muss auch eine Wohnung aus dem Bestand, aus dem Portfolio des Maklers angeboten werden können. Das darf die Politik nicht verbieten. Wenn Menschen aus anderen Bundesländern kommen, werden sie in den nächsten Monaten aufgeschmissen sein, weil sie niemanden mehr finden, der sie an die Hand nimmt.
Was waren die politischen Ziele und werden die erreicht?
Mieterbund: Ein großer Teil der Bevölkerung fand die alte Regelung im Wohnungsmarkt ungerecht, nämlich dass der Mieter die Courtage zahlen musste, obwohl er den Makler nicht beauftragt hat. Dem wurde jetzt abgeholfen und ich denke, das ist fair. Wer bestellt, muss bezahlen. Was politisch gewollt war, wird mit dem Gesetz erreicht: nämlich mehr Gerechtigkeit beim Vertragsabschluss.
Immobilienverband: Die Politik möchte Wahlen gewinnen. In Berlin ist im nächsten Jahr eine große Wahl, auf Bundesebene in zwei Jahren. Das ist vorgelagerter Wahlkampf. Die SPD hat damit angefangen, auch die CDU hat gemerkt, dass viele Menschen in Deutschland Mieter sind. Wenn ich weiß, dass 85 Prozent der Wähler in Berlin Mieter sind, dann mach ich wahrscheinlich mehr Gesetze, die die 85 Prozent ansprechen und nicht die 15 Prozent Eigentümer. Das ist Wahlkampf auf Kosten der Eigentümer und am Ende auch auf Kosten der Mieter. Denn die Transparenz wird dadurch nicht besser und das Wohnungsangebot auch nicht.
Ilka Stolle vom Deutschen Mieterbund Brandenburg (Quelle: rbb/Jana Göbel)
Für Ilka Stolle vom Mieterbund ist das Gesetz schlüssig und fair
Wirkt sich das neue Gesetz in Berlin und Brandenburg unterschiedlich aus?
Mieterbund: Es kann sein, dass in der ersten Phase nach Inkrafttreten des Gesetzes einige Makler versuchen, das zu umgehen. Und das wird vor allem dort geschehen, wo der Markt angespannt ist, also vor allem in Berlin und im Speckgürtel. An der Peripherie von Brandenburg kann ich mir nicht vorstellen, dass Wohnungsmieter sich auf solche Sachen einlassen, weil genug Wohnungen am Markt sind. Aber auch am angespannten Wohnungsmarkt kann man den Mietern nur empfehlen, wachsam zu sein und sich auf mögliche Fallen nicht einzulassen oder sich davor zu schützen.
Immobilienverband: In Brandenburg ist in der Fläche das Angebot größer als die Nachfrage, da zahlt der Eigentümer schon immer die Provision. In der Brandenburger Fläche wird das Gesetz also nicht viel verändern. Höchstens in Gebieten, wo die Nachfrage größer ist als das Angebot, zum Beispiel in Potsdam. Wir haben auch in Berlin solche Zeiten gehabt, in denen der Eigentümer die Provision bezahlt hat. In den späten 90er Jahren gab es 100.000 leerstehende Wohnungen in Berlin. Jetzt ist die Situation ganz anders. Aber wir Makler dürfen den Mietern nicht mehr so helfen, weil wir die Interessen des Eigentümers vertreten müssen. Das hat uns die Politik so aufgezwungen.