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Berliner Wohnungsmarkt Mieter zahlen drauf, Bauunternehmen profitieren

David Borck beginnt seinen Tag möglichst früh mit einer Tasse Espresso und den E-Mails des gestrigen Abends. Möglichst früh deshalb, weil er momentan Hochkonjunktur hat. Seit 30 Jahren arbeitet er in Berlin als Immobilienmakler: Er verkauft Wohnungen und Häuser.

Sein Geschäft lief nie besser als derzeit: In den letzten zwölf Monaten haben er und seine Geschäftspartnerin Caren Rothmann 270 Objekte vermittelt – viele aus dem hochpreisigen Segment. „2016 war das beste Jahr, das wir jemals hatten“, so Borck.

Rund 1,9 Millionen Wohnungen gibt es laut Statistischem Amt Berlin-Brandenburg in der Hauptstadt. „Das ist zu wenig“, sagt Dirk Wohltorf, Vorsitzender des Immobilienverbands Berlin-Brandenburg. Mieten und Kaufpreise steigen permanent.

Steigende Mieten für 2017 vorhergesagt



Wohltorf beobachtet diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen: Zwar profitierten die Makler von der Preisentwicklung durch höhere Courtageeinnahmen, viele Vermittler aber verzeichneten auch weniger Abschlüsse als 2015. Aufgrund der niedrigen Hypothekenzinsen und der hohen Kapitalsummen, die auf den Immobilienmarkt drängen, ist 2017 mit weiter steigenden Mieten und Preisen zu rechnen.

Zwar werden deutlich mehr Wohnungen gebaut als in früheren Jahren, doch reicht der Neubau bei weitem nicht aus. Die Bevölkerungszahl stieg durch Zuzug zuletzt jedes Jahr um 40 000 bis 50 000 Einwohner.

Auch Nikolaus Ziegert, Geschäftsführer von Ziegert Bank- und Immobilienconsulting, rechnet mit steigenden Preisen. Er bremst aber etwas: „Das von US-Präsident Trump angekündigte Konjunkturprogramm wird nicht ohne Auswirkungen auf die internationalen Finanzmärkte bleiben. Die Zinsen werden steigen.„ Dadurch dürfte es am Immobilienmarkt 2017 weniger große Sprünge geben.

Vor allem die Nachfrage nach Büroräumen war 2016 immens



Die Gewerbeimmobilienmakler blicken indes auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Christian Leska von Savills sagt: „Vor allem die Nachfrage nach Büros war 2016 immens hoch.“ Es gebe in Berlin derzeit etwa 19,4 Millionen Quadratmeter Bürofläche bei einem Leerstand von nur 2,9 Prozent. Von Januar bis Oktober wurden 690 800 Quadratmeter neu vermietet, das entspricht einem Wachstum von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„In Mitte finden Unternehmen inzwischen kaum noch Räume“, klagt Leska. „Die Randbezirke gewinnen deshalb an Bedeutung.“ Zwar werde neu gebaut, doch sei die Anzahl der „frischen“ Objekte noch immer zu wenig. Als Folge könnte es passieren, dass 2018 Firmen möglicherweise gar keine Räume mehr finden „und stattdessen verdichten müssen“. Eine Entspannung erwartet Leska erst 2020.

Das „Sorgenkind“ der Makler ist der stationäre Einzelhandel. Zwar sei die Verbraucherstimmung gut, aber die Berliner Händler blieben vorsichtig, heißt es beim Gewerbeimmobilienmakler Jones Lang LaSalle (JLL). Der Flächenumsatz in der Hauptstadt sei in den ersten drei Quartalen 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 36 Prozent auf rund 19 400 Quadratmeter gesunken.

Wachstum der E-Commerce-Branche spürbar



Ein Grund: Händler mieteten in diesem Jahr eher kleine Läden mit unter 100 Quadratmetern neu an. Rüdiger Thräne, Leiter der Berliner Niederlassung von JLL: „Die Nachfrage ist zwar hoch, doch der Handel prüft derzeit genau, an welche Standorte er sich langfristig bindet.“ Anders sieht es im Bereich der Industrie- und Logistikimmobilien aus.

Hier ist das Wachstum der E-Commerce-Branche spürbar. Bei JLL spricht man von einer „sehr hohen Dynamik am Berliner Markt“: In den ersten drei Quartalen wurden rund 306 000 Quadratmeter neu vermietet – das entspricht einer Steigerung um etwa zehn Prozent.

Den zehnjährigen Vergleichswert habe man gar um 28 Prozent übertroffen. Rüdiger Thräne erwartet für 2017 eine unveränderte Entwicklung im Einzelhandel und ein weiteres Wachstum im Logistiksektor. Thräne: „Das hängt jedoch maßgeblich davon ab, wann der Flughafen in Betrieb geht.“

Gute Zeiten für Immobilienmarkt-Start-ups



Von guten Geschäftsentwicklungen berichten auch viele der Immobilienmarkt-Start-ups. Diese Firmen der sogenannten Proptech-Branche sind vorwiegend im Wohnimmobiliensegment tätig. Eine der am schnellsten wachsenden Firmen ist McMakler mit Sitz im Kollwitzkiez.

Lukas Pieczonka und Hanno Heintzenberg gründeten das junge Unternehmen drei Monate nach der Einführung des Bestellerprinzips und begannen zunächst im Vermietungsgeschäft. In den letzten zwölf Monaten habe man in der Hauptstadt rund 500 Mietwohnungen vermittelt. Im Schnitt habe man dafür pro Objekt nur acht Tage benötigt.

Der Mieter bezahlt



Den Markt teilt sich McMakler nicht nur mit alteingesessenen Maklern, sondern auch mit anderen Start-ups. Zu ihnen zählen beispielsweise WunderAgent in Friedrichshain und das Münchner Unternehmen Domiando. Letzteres gibt an, 2016 rund 50 Mietwohnungen in Berlin vermittelt zu haben. „Für eine kleine Altbauwohnung bekommen wir innerhalb von fünf Tagen rund 650 Anfragen“, berichtet Geschäftsführer Maximilian Doms.

Auch im Verkauf von Häusern und Wohnungen sind viele der Online-Newcomer inzwischen aktiv: Maklaro beispielsweise konzentriert sich ausschließlich auf dieses Segment und meldet 2016 in Berlin 45 Verkäufe mit einer durchschnittlichen Käufercourtage von 6 955 Euro brutto.

Der Berliner Immobilienmarkt boomt



McMakler setzt seit sechs Monaten ebenfalls auf Verkäufe und konnte bislang in Berlin rund 40 Immobilien mit einem durchschnittlichen Provisionsvolumen von 10 000 Euro an den Mann und die Frau bringen. Lukas Pieczonka: „Berlin ist ein absoluter Boom-Markt, für 2017 erwarten wir deutlich steigende Umsätze. Berlin wird zum Leuchtturm unserer Firmenentwicklung.“

Während Mieter diese Entwicklung mit steigenden Preisen für Büro- und Wohnraum bezahlen, profitieren immerhin die Berliner Bauunternehmen. Laut Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg rechnen die Firmen der Branche und Region für das laufende Jahr mit einer Umsatzsteigerung von fast zehn Prozent auf rund 7,8 Milliarden Euro. 2017 werde ein weiteres Wachstum um 5,4 Prozent erwartet.

Katja Müller