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Luxus im Florakiez: In Pankow beginnt die Ära nach Tegel

Mit dem nahenden Ende von Tegel kommen im Florakiez hochwertige Wohnungsbauprojekte in Gang. Mit Quadratmeterpreisen bis zu 8000 Euro.

Es war einmal ein verschlafenes Viertel voller Kleingärten und Brachen. Der Florakiez in Pankow mochte fünf Minuten von Prenzlauer Berg entfernt liegen, in Sachen Wohnpreisen und Lebensgefühl trennten die Stadtteile allerdings Welten. Inzwischen sind fast alle Lücken entlang der Florastraße geschlossen. Junge Familien und hippe Cafés prägen das Straßenbild inzwischen mehr als in manchem in die Jahre gekommenen Szeneviertel. Was geblieben ist: der Fluglärm.

Der Kiez liegt in der Einflugschneise von Tegel. Trotzdem kommen im Monatsrhythmus immer neue Wohnungsbauprojekte in Gang – und mit der nahenden Eröffnung des BER und der TXL-Schließung kristallisiert sich in Pankow auch ein neues Premiumsegment heraus. Das jüngste Beispiel: der "Topaz".

Tegel-Schließung 2012 hätte Mieten deutlich steigen lassen


Hinter dem Namen eines Edelsteins verbirgt sich ein Bauprojekt des Immobilienentwicklers Archigon mit 34 Eigentumswohnungen an der Gaillardstraße 28. Für die zwei bis vier Zimmer großen Einheiten in Größen von 51 bis 124 Quadratmetern stehen Quadratmeterpreise zwischen 5970 Euro und 8070 Euro in der Liste. So kostet die Dachgeschosswohnung rund eine Million Euro.

Damit liegt das Projekt Topaz in Pankow auf einem Niveau, das bis vor wenigen Jahren nur in guten Lagen von Berlin-Mitte üblich war. Der Name des Projekts rühre aber von der geschliffenen Architektur her, erklärt eine Sprecherin der Archigon.

An der Gaillardstraße entsteht derzeit unter dem Projektnamen „Topaz“ der wohl auffälligste Neubau der vergangenen Jahre in Pankow.
Foto: Thomas Schubert
Tatsächlich hat die Verzögerung beim Bau des Hauptstadtflughafens BER bislang eine dämpfende Wirkung auf die jetzigen Wohnungs- und Mietpreise in Berlin gehabt. Das geht aus einer Untersuchung des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung hervor, die der Berliner Morgenpost exklusiv vorliegt.

Die Studie besagt: Wäre der Flughafen Berlin-Tegel wie geplant schon im Mai 2012 geschlossen worden, hätte das den Mietpreis der Wohnungen mit Fluglärm zusätzlich zur generellen Mietpreisentwicklung um rund 2,4 Prozent pro Jahr angehoben, heißt es. Bezogen auf eine durchschnittliche 80-Quadratmeter-Wohnung wäre die jährliche Miete bei diesen Wohnungen etwa 145 Euro höher gewesen, als es mit dem Weiterbetrieb von Tegel der Fall war. 2018 lagen die Mietpreise in der Einflugschneise in Pankow für einen sanierten Altbau laut Mietspiegel zwischen 9,80 und 10,25 Euro nettokalt.

Leise Wohnungen in der Nähe des Flughafens Tegel besonders wertvoll


Der umgekehrte Effekt habe sich laut Leibniz-Institut bei Wohnungen in Flughafennähe ergeben, bei denen der Fluglärm unter 60 Dezibel gelegen habe. Als feststand, dass der BER später als geplant eröffnet werden würde, seien die Mieten in Nähe zum Flughafen Tegel um 1,3 Prozent angestiegen. Bei einer durchschnittlichen 80-Quadratmeter-Wohnung ist laut der Studie der Mietpreis zusätzlich zur generellen Mietpreissteigerung um 100 Euro jährlich gestiegen. Das heißt: Flughafennahe Wohnungen, die länger vom Lärm betroffen waren, mussten günstiger vermietet werden. Jene, die in der Nähe lagen, aber nicht direkt vom Krach betroffen waren, galten als besonders wertvoll.

Ist diese dämpfende Wirkung auf Preise im lauten Bereich der Einflugschneise von Tegel mit der in Aussicht stehenden Eröffnung des BER im Herbst 2020 nun aufgehoben? Dirk Wohltorf, der stellvertretende Vorsitzende des Immobilienverbandes (IVD) Berlin-Brandenburg, geht davon aus, dass die Schließung des Flughafens Tegel in den verlärmten Vierteln von Pankow, Reinickendorf und Spandau schon länger eingepreist war. Aber nun gehe es um die Nachnutzung von Tegel. Weil im geplanten Hightech-Quartier „Urban Tech Republic“ auf dem Flughafengelände gut verdienende Spezialisten arbeiten werden, wollen Projektentwickler sie mit attraktiven Wohnungen versorgen.

Urban Tech Republic in Tegel wird gut verdienende Klientel nach Berlin locken


„Das wird ein enormer Magnet für hochqualifizierte Experten. Ihr Einkommen wird wohl weit über dem Berliner Durchschnitt liegen“, sagt Wohltorf. Dementsprechend könnte sich diese Klientel hochwertigere Immobilien leisten. Mit der Schließung von Tegel werde es nicht nur in Pankow „viele Sieger“ geben, sagt Wohltorf voraus. Vor allem auch in Reinickendorf und auf dem Flughafengelände in Tegel, wo 5000 Wohnungen geplant sind, beginne dann eine neue Epoche.

War das nahende Ende des Flughafens Tegel nach der Eröffnung des Großflughafens BER also ein Argument für den Start des Projekts Topaz in Pankow? Die bevorstehende Stille habe keine wesentliche Rolle gespielt, erklärt eine Vertreterin von Archigon. „Die Lage und die Infrastruktur sind das Interessantere.“ Man habe bereits mehrere Reservierungen für Wohnungen im Topaz vorliegen.

Es ist längst nicht das einzige Vorhaben im Premium-Segment in Pankow. Unter dem Namen „Kiez & Gloria“ ragt an der Kreuzstraße künftig ein fünfgeschossiges Wohnhaus mit sandfarbener Fassade und Quadratmeterpreisen von rund 5400 Euro empor.

Laut Entwickler Project Immobilien sind ein Jahr vor der Fertigstellung nur noch drei der 24 Eigentumswohnungen verfügbar. 100 Meter weiter haben Bauarbeiter in der Einflugschneise soeben ein früheres Gewerbegrundstück freigeräumt. Hier entstehen in drei Häuserzeilen hintereinander die „Neuen Florahöfe“ mit Quadratmeterpreisen von bis zu 5300 Euro pro Quadratmeter.

Ein Blick in den Bericht des Immobilienverbandes Berlin-Brandenburg zeigt: All diese Angebote liegen am oberen Ende der 2019 erzielten Wohnungspreise in Pankow. Noch ist der Florakiez hier als mittlere Wohnlage ausgewiesen – mit durchschnittlichen Quadratmeter-Kaufpreisen von etwa 4000 Euro pro Quadratmeter. Halb so teuer wie in den Spitzenwohnungen im Topaz.