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Immobilienmakler: schnelles Geld statt gute Beratung

Unseriöse Vermittler ärgern Kunden und Kollegen. Onlineportale wollen für mehr Transparenz sorgen.



von Christian Hunziker

Wer in Berlin eine Wohnung sucht, macht oft frustrierende Erfahrungen – und das nicht nur, weil es schwer geworden ist, in Innenstadtlagen eine attraktive Bleibe zu finden. Auch die Kompetenz der Makler gibt immer wieder Anlass zu Klagen. Wohnungssuchende berichten, dass manche Makler nicht einmal wissen, ob die Wohnung einen Keller hat, während andere beim Besichtigungstermin erst einmal den Schlüssel auftreiben müssen. Viele Interessenten finden es zudem ungerecht, eine Provision zahlen zu müssen, obwohl ihrer Ansicht nach die einzige Leistung des Maklers darin besteht, die Schlange der Bewerber bei der Besichtigung zu ordnen.

Auch Vertretern der Immobilienbranche ist bewusst, dass viele Kunden mit den Leistungen der Makler unzufrieden sind.

„Wir fordern seit langem, dass für Makler ein Fach- und Sachkundenachweis obligatorisch wird“, sagte Dirk Wohltorf, Makler in Berlin und Vorstandsvorsitzender des Immobilienverbandes IVD Berlin-Brandenburg, diese Woche in einem von dem Internetportal Immobilienscout24 organisierten Pressegespräch. „Derzeit sind viele Glücksritter unterwegs, die nach einem halben Jahr, wenn alles gut läuft, einen Porsche fahren, aber nach ein oder zwei Jahren wieder weg sind.“

Dass der Immobilienboom die Tätigkeit des Maklers attraktiv gemacht hat, verdeutlichen Zahlen von Immobilien- scout24. Demnach hat sich die Zahl der Makler in Berlin in den vergangenen sechs Jahren um nicht weniger als 70 Prozent erhöht – von 790 auf 1340. Die meisten Neuen seien „Kleinstmakler mit geringem Professionalisierungsgrad“, heißt es dazu bei dem Portal. Ihnen dürfte es allerdings schwer fallen, sich den ersehnten Porsche zu erarbeiten. Denn der Konkurrenzkampf hat sich verschärft, da die Zahl der Verkaufsfälle seit Anfang 2008 nur um 30 Prozent gestiegen ist (Zahlen zu Mietvertragsabschlüssen gibt es nicht).

Viele Einsteiger würden die Anforderungen unterschätzen, sagte Wohltorf. Ein guter Makler müsse die Anbieter von Wohnraum und die Miet- und Kaufinteressenten seriös beraten, im Kiez verankert sein und sich in allen Fragen rund um die Immobilie auskennen. Indizien für die Seriosität eines Maklers sind laut Wohltorf ein EU-Zertifikat (die allerdings noch wenig verbreitete DIN EN 15 733) und die Mitgliedschaft in einem Verband wie dem IVD.

Makler mit geringen oder keinen Qualifikationen dürften es in Zukunft schwerer haben, ist Marc Stilke, der Geschäftsführer von Immobilienscout24, überzeugt. Den Grund dafür sieht er in den Immobilienportalen, die Transparenz in den Markt gebracht haben. „Wir haben den Verbraucher mündiger und informierter gemacht“, so Stilke. Gerade weil Anbieter und Interessenten im Internet auch ohne Mittler zusammenkämen, sei der Makler mit „tiefgehender Kompetenz und menschlicher Beratung“ gefragt, ergänzte der auf den Vertrieb von Eigentumswohnungen spezialisierte Berliner Makler Nikolaus Ziegert. „Wer nur den schnellen Deal machen will, ist nicht mehr tragbar. Und das ist auch gut so.“ „Der klassische Nachweismakler ist in seiner Existenz bedroht“, sagte auch Björn Dahler, Geschäftsführer des in Hamburg ansässigen Luxusimmobilienmaklers Dahler & Company. Seine These: „Der gute, professionelle Makler wird durch die Portale gestärkt, während die schwarzen Schafe Schwierigkeiten bekommen.“

Wie aber sollen diese professionellen Makler für ihre Arbeit bezahlt werden? Die Branchenvertreter wandten sich einhellig gegen die in einer Bundesratsinitiative vorgebrachte Forderung nach dem Bestellerprinzip. Demnach müsste derjenige die Provision zahlen, der die Leistung des Maklers in Auftrag gegeben hat, und nicht – wie in Berlin üblich – grundsätzlich der Mieter oder Käufer. „Wir sind für den freien Markt“, sagte Dirk Wohltorf vom IVD. In Gegenden mit schwacher Nachfrage sei es schon jetzt üblich, dass Makler einen Auftrag nur annähmen, wenn der Verkäufer oder Vermieter die Provision bezahle.

„Das Bestellerprinzip würde die Qualität der Maklerleistung weiter erhöhen“, argumentierte hingegen Marc Stilke. „Aber es wird nicht die Wohnungsnot beheben.“ Er meint zu wissen, warum die Makler die von Hamburg und anderen Bundesländern vorgeschlagene Regelung ablehnen: Das Bestellerprinzip könne dazu führen, dass Eigentümer ihre Wohnung öfter selber vermarkten oder die Provision drücken. Björn Dahler schlug ebenso wie Stilke vor, dass jeweils ein anderer Makler für Verkäufer und Käufer tätig sein solle – so, wie es in anderen Ländern üblich sei und in Deutschland bereits bei Gewerbeimmobilien gehandhabt werde.

Einen Trost für die Zunft hatte Immobilienscout24-Chef Stilke dann doch noch: „Die Leistung der Makler ist überwiegend besser als ihr Ruf“, sagte er unter Verweis auf die von seinem Unternehmen geschaffene Möglichkeit, Makler im Internet zu bewerten. Auch Björn Dahler ist überzeugt: „Durch das Bewertungssystem trennt sich die Spreu vom Weizen.“

Quelle: Der Tagesspiegel vom 10.08.2013